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'Foulees de la Soie' 2002
Der "Les Foulees de la Soie" ist
ein Etappenlauf entlang der alten Seidenstraße in China. Ziel des Organisators
Jean Claude le Cornec ist es, eine Kombination aus Wettkampf und Kulturreise zu
finden. Gelaufen werden etwa 150km in 9 Etappen. Ich habe an diesem Lauf in den
Jahren 2001 und 2002 teilgenommen. Auf dieser Seite findest Du mein
Tagebuch vom 7. Les Foulees de la Soie, welcher in der Zeit vom 03. bis 19.
August 2002 stattfand. Nähere Informationen zu diesem interessanten Lauf findest
Du unter
http://www.notcrazyisnotnormal.de/notcrazyisnotnormal.de.htm
oder direkt beim Veranstalter unter
http://www.sdpo.com/
Inhalt dieser Seite:
04.08.02, 19:05
Wir
sind endlich in Peking (nach dem Umweg über Shanghai) angekommen. Es geht vom
Flughafen direkt zum Restaurant (weil alle Flieger etwas später als angekündigt
waren). Das Essen ist (wie in China auch letztes Jahr schon) super. Das
anschließende Briefing verläuft für französische Verhältnisse relativ zügig. Das
neue System mit den Schlüsseln (es gibt eine riesige Wand, an der alle
Schlüsselkarten durchnummeriert sind, die Nummer ist auch auf dem Reisepass
vermerkt. Außerdem gibt es eine Liste, welche Zimmer-# zu dem jeweiligen
Schlüssel gehört) funktioniert einwandfrei, die Schlangen und 'Drängeleien' bei
der Schlüsselvergabe sollten damit Vergangenheit sein. Anschließend todmüde ins
Bett gefallen, morgen früh um 5:30 ist die Nacht zu Ende. Der Prolog, welcher
wie bei der Tour de France nicht als Etappe zählt und ohne Zeitnahme erfolgt,
startet morgen um 7:00 (ab Hotel) und Frühstück mit anschließender Entsorgung
muss ja auch noch sein ...

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05.08.02, 7:00
Diese Nacht habe ich gut geschlafen, sie war nur etwas kurz... Das Frühstück ist
vorbei, jetzt geht's gleich los !
Temperaturen
von 37°C und Dauerregen ... Nein, Scherz, das war anfangs der Woche. Heute Nacht
hat es zwar geregnet, das hat aber nicht gestört. Der Regen hat sich verzogen,
die Sonne kommt 'raus und ich habe natürlich prompt Sonnenbrille und Buff
vergessen. So ein Mist...
Der Prolog, bei welchem der See beim Sommerpalast teilweise umrundet wird, ist
Klasse. Es ist, wie erwartet, heiß und schwül.
Durch die vielen Fotopausen wird aus dem Lauf ein Intervalltraining. Es laufen
chinesische Kinder mit. Die Unterhaltung mit diesen beschränkt sich aber mehr
oder weniger auf ‚Hello‘, ‚How are you?‘ und ‚What’s your name?‘ Es macht viel
Spaß, wieder in China zu laufen. Nach dem Lauf geht's zurück zum Hotel, duschen,
Gepäck abgeben, auschecken und dann ab zum Mittagessen (aber: vorher gibt's noch
etwas Wartezeit, weil doch noch nicht alle ausgecheckt haben ...). Anschließend
ist Abflug nach Xian angesagt.
05.08.02, 22:45
Mittlerweile sind wir in Xian angekommen, haben gegessen und ich habe meine
Kleinwäsche erledigt. Das warten auf dem Flughafen 'nervt' einige Leute schon.
Wie kann man nur so ungeduldig sein, wir sind doch schließlich in China...
In Xian regnet es heute mal Ausnahmsweise (wo es doch eine der am wenigsten von
Regen betroffenen Städte Chinas ist). Ansonsten ist die Fahrt im Bus
vom Flughafen in die Stadt ähnlich wie letztes Jahr auch: viel chinesische
Geschichte, z.B. über Wu Zhao, ehemalige Konkubine der Kaiser Taizong und
Gaozong. Nachdem sie ihren eigenen Sohn getötet hatte, nahm sie im Jahr 690 den
Kaisertitel Zetian an und wurde so der erste und einzige weibliche Kaiser in der
chinesischen Geschichte.
In letzter Zeit haben auch Grabungen an dem großen Grabhügel des Kaisers Qin Shi
Huangdi stattgefunden. Diese Grabungen wurden aber vor 2 Monaten wieder
eingestellt und die Stätten wieder versiegelt, weil die richtigen Möglichkeiten,
die Funde dauerhaft zu konservieren, bisher noch nicht bekannt sind.
Das System mit den Zimmerschlüsseln funktioniert wohl doch nicht so gut wie
gedacht, es gibt wohl Leute, die das System mit den beiden Nummern nicht
verstanden haben und einfach irgendeinen Schlüssel genommen haben. So schwierig
erschien mir das System nicht.
Wecken morgen früh ist erst um 7:00 Uhr, die Abfahrt mit dem Bus ist für 8:15
Uhr geplant. Wann wir wohl unsere erste ‚richtige‘ Etappe erleben ?
Die Strecke morgen
ist anders als letztes Jahr, es stehen 19km Rundkurs, flach, auf dem Plan. Wir
lassen uns überraschen ...
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06.08.02, 8:00
Die Nacht war ok, aber schwül.
Bisher regnet es noch nicht. Morgens haben wir die Startnummern abgeholt, jetzt
kann es endlich losgehen! Und wo sind die Sicherheitsnadeln für die
Startnummer???
Die
Bedingungen für die 1. Etappe sind mit 33°C und einer Luftfeuchtigkeit von
70-80% im wahrsten Sinne des Wortes schweißtreibend. Die Strecke ist im
Gegensatz zu der aus dem letzten Jahr weitgehend flach und führt diesmal durch
mehrere Dörfer, wo die Bewohner uns alle kräftig anfeuern. Was die wohl für eine
Meinung von den merkwürdigen 'Langnasen' haben ? Auf jeden Fall sind sie sehr
freundlich und viele Läufer werden mit lautem 'Hello' begrüßt. Die Verständigung
mit den mitlaufenden Chinesen ist schwierig auf Grund der Sprache, klappt aber
mit Händen und Füßen ganz gut. Und: mit einem freundlichen 'Ni Hao' (guten Tag)
als Begrüßung für die Chinesen ist man immer für Lacher gut. Ob das wohl an der
Aussprache liegt?
Nach dem Lauf ist Notdusche mit 1/4 l Wasser aus der Flasche und umziehen im
Freien angesagt, da es anschließend direkt zum Essen geht. Die vielen
ungeduschten Läufer fallen im Restaurant aber keinem auf. Nach dem Essen geht es
weiter mit dem Besuch der Terrakotta-Armee. Diese ist nach wie vor sehr
beeindruckend. Diesmal haben Angie und ich aber einen Tonsoldaten gekauft, den
wir ab jetzt ordentlich verpackt im Handgepäck durch China schleppen werden. Die
Rückfahrt mit dem Bus ins Hotel ist eine spezielle Attraktion: der Deal des
Barclays-Team um einen Lebensgroßen Tonsoldaten nimmt sehr viel Zeit in
Anspruch. Dadurch fahren wir viel später als geplant los und bekommen extra eine
Polizeieskorte. Die ist wirklich von Nutzen: auf der Gegenfahrbahn fahrende
Fahrzeuge werden von dem Polizeiauto oder dem Bus entweder in den Straßenrand
abgedrängt oder zur Vollbremsung gezwungen. Wir erfahren, dass die Fahrer, welche
die 'Langnasen'-Busse fahren dürfen, die Besten in ganz China sind...
Zum Abendessen gibt es auch dieses Jahr wieder
Dim Sum, die chinesischen Ravioli. Ich wusste gar nicht mehr, dass das so viele
waren. Nach dem Abendessen geht es direkt weiter zu einer Tang-Dynastie-Show.
Morgen wird das ganze etwas unübersichtlich, da das Gepäck zum Frühstück schon
versandfertig dastehen muss. Es gibt 3 Flüge nach Dunhuang und die armen, welche
im 1. Flug sind, werden keine Zeit zum Duschen haben. Wir gehören aber nicht
dazu, sondern sind im 2. Flug und dürfen nach dem Lauf duschen und Essen, bevor
es zum Flughafen geht.
07.08.02, 00:15
Das Gepäck ist jetzt fast gepackt, weiteres später (nach einer Mütze Schlaf ...)
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07.08.02, 07:00
Frühstück
ist vorbei, das große Gepäck steht unten, soweit ist alles klar ... Ich habe
natürlich prompt das Frubiase in das große Gepäck verstaut, nu isses
unterwegs...
Die
Fahrt zur Stadtmauer verläuft mit Polizeibegleitung. Der Empfang an der
Stadtmauer durch eine Trommlergruppe ist wie im letzten Jahr, diesmal mit
Drachen. Das Wetter ist heute besser als gestern und auch als letztes Jahr
(vielleicht war ich deshalb auch etwa 2 Min. schneller). Während des Laufens
fangen beide hinteren Oberschenkelmuskel an zu 'ziehen', mal sehen, wie sich das
so weiterentwickelt. Vielleicht sollte ich doch mehr Gymnastik machen ?
Nach dem Lauf spielt die Trommlergruppe noch eine Zeitlang für uns, viele der
Läufer tanzen mit (macht auch mehr Spaß als auslaufen und ist bestimmt genauso
effektiv). Anschließend haben wir im Hotel 1:15 Zeit zum Duschen, ist ja fast
wie Urlaub ...
Der Flug
nach Dunhuang ist ok, mein Rucksack kommt etwas später an als Angie's, aber
immer noch heute. Das Hotel ist das gleiche wie im letzten Jahr, wir sind
allerdings in dem neuen Trakt untergebracht, welcher letztes Jahr renoviert
wurde. Das ist zwar alles sehr neu, aber die Toilettenspülung und auch die
Klimaanlage funktionieren trotzdem nicht richtig. Abends schreibt Angie noch
Berichte für SDPO und für Connie Wagner, ich gehe derweil mit Gerlinde & Josef
zum Nachtmarkt.
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08.08.02, 08:30
Diese Nacht habe ich wegen der
Hitze kaum geschlafen, dementsprechend bin ich heute hundemüde und etwas
antriebslos. Das kann ja heiter werden in der Wüste ...
Am Vormittag besichtigen wir die Mogao Grotten, auch bekannt unter der
Bezeichnung ‚1000-Buddha-Höhlen’. Diese gelten als eines der bedeutendsten
Zentren des Buddhismus in China. Die erste Höhle wurde im Jahr 366 angelegt, im
Jahr 698 sollen bereits 1000 Höhlen und Nischen existiert haben. Etwa 500 Höhlen
habe die Jahre überlebt. Diese beherbergen etwa 45000 Fresken auf einer
Wandfläche von 4500 m² 2000 handkolorierte Buddha-Statuen. Die 1.5 Stunden für
die Besichtigung sind aber viel zu kurz. Das Mittagessen findet in einem
Farm-Restaurant,
einem
ehemaligen Bauernhof, statt. Dort sind wir Gäste einer chinesischen Hochzeit.
Einige 'Auserwählte' dürfen einen chinesischen Schnaps probieren. Und das vor
dem Lauf ...
Das
laufen durch die Steinwüste geht trotz Müdigkeit ganz gut. Irgendwie hatte ich
das vom letzten Jahr leichter in Erinnerung, das kann aber auch daran liegen,
dass ich in diesem Jahr fast 9 Minuten schneller war.
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09.08.02
Heute geht es in die Dünen! Das Rennen ist einfach Super!!! Es ist nicht so heiß
wie im
letzten
Jahr, dafür umso schöner. Es ist einfach toll, die Dünen herunterzurennen. Und dann diese
Ruhe, man ist ganz mit sich alleine und hört nichts weiter als seinen eigenen
Atem ... Das ist einfach was zum genießen! Ich hätte anschließend noch mal durch
die Dünen laufen können ...
Die Schuhe sind absolut Klasse, bieten super Halt (besonders in dem Sand
Dünen-Aufwärts) und: ich brauchte nicht ein einziges Mal Sand auszuleeren, da
keiner in die Schuhe kam!!! Also: die Schuhe sind für den MDS (Marathon de
Sables) bestens geeignet!!! Apropos MDS: der Entschluss steht endgültig fest:
ICH LAUFE !!!
Das heißt: mehrere lange Läufe, schön langsam und mit Rucksack! und als
Vorbereitung auch den 6h-Lauf in Troisdorf.
Angie's Gamaschen funktionieren wunderbar, sie hat vollkommen Sandfreie Füße
(Blasen hat sie aber trotzdem...). Das
kleben der Gamaschen mit
dem
Pattex Kraftkleber war eine gute Idee, bei den beiden Etappen gestern und heute
hat alles sehr gut gehalten, die Klebestellen sehen noch intakt aus. Ich werde
nun auch für mich Gamaschen schneidern lassen und ankleben.
Nach dem Mittagessen gönne ich mir eine chinesische Massage. Die ist so richtig
zum Entspannen und Erholen, obwohl die junge Frau mit ordentlich 'Umpf' zu Werke
geht. Aber: es ist noch alles dran und anschließend fühlt man sich ganz
entspannt.
Übrigens: die Bilder von der heutigen Etappe sind super geworden ...
Nachher geht's noch was Essen, anschließend zur Fußmassage und damit ist der Tag
dann gelaufen.
Jetzt sind doch tatsächlich 2 Tage 'Lauffrei'! Dafür fahren wir aber um so mehr
mit Bus und (Nacht)zug. Sigrid hat schon vorgeschlagen, ob wir nicht morgen
10...20 km von der Busfahrt laufen könnten. Eigentlich keine schlechte Idee !!!
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10.08.02
Die Fußmassage gestern Abend war
herrlich wie letztes Jahr auch. Das Essen auf dem Nachtmarkt (Nudeltopf mit
Fisch bzw. Hähnchen) ist Klasse. Ob der chinesischen Essgewohnheiten (Gräten auf
den Fußboden des ‚Restaurant‘
spucken) und überhaupt der hygienischen
Verhältnisse wegen findet man hier nur wenige nichtasiatische Touristen... Anschließend
erstehen wir auf dem Nachtmarkt noch ein chinesisches Müsli (sieht aus wie ein
Kuchen, ist aber nicht gebacken und besteht vorwiegend aus Nüssen und
getrocknetem Obst). In der Nacht fange ich an mit Durchfall, na Klasse, die Bus-
und Zugfahrt kann ja heiter werden...
Aber: die Ärzte versorgen mich mit verschiedenen Pillen, mal sehen wie gut die
wirken ...
10.08.02, 16:45
Die Pillen wirken ganz gut, ein Großteil der Busfahrt (zumindest bis zum
Abendessen) ist schon wieder vorbei (Start war um 13:00). Bisher keine weiteren
Probleme.
Zur Zeit fahren wir zwischen Dunhuang und Yumen, parallel zur Eisenbahn, die wir
in Yumen entern werden. Die Fahrt geht durch das große Nirgendwo, von dem
Quilian-Shan rechts von uns sieht man nur die flacheren Ausläufer. Der Rest ist
hinter einer Staubwolke verborgen. Das Reise-Kopfkissen, welches Jean Claude mir
geschenkt hat, kann ich momentan für die Bus- und Zugfahrten gut gebrauchen.
Irgendwie mag ich ihn, auch wenn wir uns nicht verständigen können ...
Abendessen ist in Yumenjian, einer ehemalige Ansiedlung von Soldaten als Bauern.
Diese wurden dort in Reserve für einen eventuellen Krieg angesiedelt. Jetzt wird
die Stadt ausgebaut und soll bis in 3 Jahren 100000 Einwohner haben (derzeit
einige Tausend). Die Straßen sind aber offensichtlich für mehr Einwohner
ausgelegt.
Das entern des Zuges erfolgt zügig, die Verteilung der Abteile ist etwas
schwierig, da sich viele einfach in irgendein Abteil legen, welches noch nicht
einmal in dem für sie eingetragenen Waggon sein muss. Aber: Fabrice und Cheng
klären das, sodass schließlich jeder sein Plätzchen mit Beschlag belegen kann.
Als Schlummertrunk ‚köpfen‘ wir den chinesischen Wein, welchen wir für Ralf zum
Geburtstag in Dunhuang erstanden haben. Als Weingläser müssen aufgeschnittene
Wasserflaschen herhalten, das funktioniert aber ganz gut, der Wein hat
allerdings schon einen komischen Nachgeschmack.
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11.08.02, 9:00
Die Nacht im Zug ist vorüber, Frühstück gibt's im Lanzhou-Hotel, anschließend
geht's per Bus nach Linxia (zum Mittagessen) und danach weiter nach Xiahe. In
Lanzhou und zwischen Lanzhou und Linxia regnet es bzw. in den Bergen ist es
diesig mit wenig Sicht. Hoffentlich wird das in Xiahe besser. Im Bus ist es in
kurzen Klamotten etwas kühl, ich habe die Wolfskin-Hosen vom Zug über die Füße
gezogen, da ich sonst kalte Füße bekomme.
11.08.02, 14:15
Das Mittagessen in Linxia war ok, die Toiletten sind sehenswert und für Europäer
etwas gewöhnungsbedürftig.
Zum Wetter: es regnet kurz und heftig; wie es in Xiahe aussieht, weiß niemand...
Doch:
bewölkt und trocken. Die Straße vor Xiahe wird erneuert. Hier habe ich einen
Tibeter getroffen und versucht, mich mit ihm zu unterhalten. Er spricht zwar
kein Englisch, mit Händen und Füßen erfahre ich aber, dass er ganz in der Nähe
wohnt. Ich mache ein Bild von ihm und zeige es ihm gleich. Er lächelt
freundlich und scheint sich über das Bild zu freuen.
In Xiahe werden wir mit Feuerwerk, Schnaps und Gebetsschals
empfangen. Wir erfahren dass unser Gepäck erst später kommt (22:00-23:00). Das
ist aber ungünstig, da im großen Rucksack alle langen Kleidungsstücke sind...
Der Abend wird entsprechend kurz, ich lege mich ins Bett, denn da ist es
wenigstens warm. Beim aussteigen aus dem Bus stelle ich fest, dass mir
schwindelig ist. Ich gehe mal davon aus, dass das von der Höhe kommt. Das hatte
ich doch bisher noch nicht ... Als ich Christian darauf anspreche, sagt er, ich
solle morgen früh vor dem Rennen vorbeikommen, ihre Medikamente sind auch noch
unterwegs. Also: schlafen und viel trinken ... und dann schauen wir mal, wie das
Rennen morgen so wird.
Unser Zimmer ist im ‚Carree‘. Es ist etwas antiquarisch, der Warmwasserhahn für
die Dusche hat seine Tücken, muffig riecht es auch, aber sonst kann man darin
ganz gut leben. Wir haben 2 tibetische Mädchen als Zimmernachbarn, welche uns
gleich zur Begrüßung in ihr Zimmer einladen. Dort holen sie ihre Englischbücher
heraus und wir versuchen die Verständigung in Englisch und Tibetisch. Klasse
Mischung ...
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12.08.02, 07:00
Diese Nacht habe ich geschlafen wie ein Toter, das durchgelegene Bett stört
nicht im geringsten. Jetzt so kurz vor dem Frühstück geht es mir sehr viel
besser als gestern, mir ist nicht mehr schwindelig. Ich sehe dem Lauf heute
viel optimistischer entgegen.
Der Lauf heute ist im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend,
auf Grund der Höhe von fast 3500m
kommt
man schnell außer Puste. Die Bergauf-Passagen muss ich oft gehen. Das ist auch
besser so, schließlich gibt es noch 3 weitere Bergetappen und für die brauche
ich auch noch ein paar Körner. Nach dem Laufen gehen wir ins Kloster, um die
Zeremonie zu sehen. Wir werden erst während der Zeremonie ins Kloster gelassen
und sind schon fast zu spät. Nach der Zeremonie erfolgt ein kleiner Rundgang,
vorbei an der Klosterküche mit ihren mittels Leitern begehbaren Kochkesseln.
Diese sind tatsächlich so riesig, dass darin ganze Yaks gekocht werden können.
Sehr beeindruckend! Als ein Teil von uns schon im großen Saal des Klosters steht
und den weiteren Abläufen der Zeremonie lauscht, kommt einer der Mönche und
diskutiert mit einem anderen, welcher am Eingang steht. Ich habe den Eindruck,
dass wir im Saal unerwünscht sind und gehe deshalb auch gleich wieder raus.
Tatsächlich werden auch die nächsten Läufer, welche in den Saal wollen,
zurückgehalten. Wir beschließen deshalb, das Kloster von außen zu besichtigen.
Für den Nachmittag ist eine 'richtige' Klosterbesichtigung vorgesehen, an
welcher ich teilnehmen werde.
Die Klosterbesichtigung ist sehr interessant. Besonders das Museum der
Yakbutter-Figuren hinterlässt einen bleibenden Eindruck, was den Geruch angeht.
Dort sehen wir auch eine Ratte, welche in aller Ruhe aus ihrem Versteck kommt
und sich die vielen Touristen, welche das Museum besuchen, ansieht. Leider bin
ich mit dem fotografieren nicht schnell genug, Schade auch.
Nach der Besichtigung drehen wir noch 1/4 Runde an den Gebetsmühlen. Wir werden
von einer Gruppe Tibeter eingeladen, mitzumachen. Wir reihen uns natürlich gerne
ein und werden für unseren Einsatz gelobt. Anschließend fahren wir zu viert in
einem Touc-Touc durch die Hauptstraße. Zum kaufen findet man hier nur das
übliche Touristenangebot, ich finde leider keine Gebetsfahnen.
Abends sitzen wir noch bei einem (oder mehreren) Bier(en) in der Bar mit einem
Großteil der Engländer und dem Barclays-Team. Die Erinnerung an die Probleme,
welche ich im letzten Jahr besonders auf den letzten 5 Kilometern der morgigen
Strecke hatte schlagen mir etwas aufs Gemüt ...
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13.08.02
Der Lauf heute früh ist ganz große Klasse. Die Wiese duftet intensiv wie ein
riesiger
Kräutergarten,
wie letztes Jahr auch. Dadurch verstärkt sich der Eindruck vom letzten Jahr
nochmals, sodass ich diesen Geruch wahrscheinlich nie wieder vergessen werde. Auf der Fahrt
zum Startpunkt sehen wir am Straßenrand viele Imker mit Bienenstöcken. Das ist
auch kein Wunder, die Bienen haben hier ein reiches Betätigungsfeld. Etwa 2km
nach dem Start werde ich von einer Tibeterin auf einem Pferd eingeladen, ein
Stück mitzureiten. Das Angebot ist verlockend, aber ich bin ja zum Laufen hier
... Die ganze Strecke über fühle ich mich hervorragend. An einigen
Bergauf-Passagen muss ich gehen, da ich auf Grund der Höhe ganz schön am japsen
bin; aber den anderen Läufern um mich herum geht es auch nicht besser. Die etwa
10km über die Wiese (teilweise schmale Trampelpfade) sind echt toll, Zeitweise
ist man wirklich mit sich und der Natur ganz alleine. So macht laufen richtig
Spaß. Da kann man einfach so vor sich hinlaufen und seinen Gedanken nachhängen.
Der letzte Teil der Strecke musste auf Grund der Bauarbeiten an der Straße etwas
abgeändert werden, was ich aber als vorteilhaft empfinde. Heute musste z.B. der
Dziahe (Fluss durch Xiahe) auf einer Hängebrücke überquert werden, auf welcher
man aus Gründen der Statik nur gehen darf. Auf den letzten paar hundert Metern
vor dem Ziel nehme ich einen kleinen Jungen an die Hand und laufe mit ihm
gemeinsam durchs Ziel (hoffentlich hat Carlo ein Photo davon gemacht ...). Zur
Belohnung gebe ich ihm eine volle Wasserflasche, die hat er sich verdient. Am
Start ist es zwar noch etwas kühl, sodass einige Läufer überlegen, mit 2
T-Shirts zu starten. Zum Ende hin kommt aber dann doch wieder die Sonne durch
und es wird ordentlich warm. 2 T-Shirts sind wirklich nicht nötig! Anschließend
ist duschen angesagt und nach Siegerehrung und Mittagessen geht's direkt im Bus
nach Xining. Wir fahren insgesamt 380 km, anfangs über eine Piste. Auf dem Weg
überqueren wir zwei Pässe (3700m bzw.3800m hoch). Von einer Stelle hat man einen
sagenhaften Überblick über das Grasland, welches wir heute morgen zu Fuß
durchquerten. Der Ausblick ist atemberaubend! Unterwegs wechseln sich zunächst
Sonne und z.T. heftiger Regen ab, später setzt sich die Sonne durch. Kurz vor
Xining überqueren wir einen weiteren, 3650m hohen und mit Gebetsfahnen
geschmückten Pass. Dieser wird natürlich ausgiebig photographiert. Die
Landschaft, welche wir durchfahren, wechselt von Grasland, in welchem Nomaden
mit ihren Jurten schöne Farbtupfer setzen zu Hochgebirgslandschaften mit
zerfurchten Sandsteinfelsen, welche von einem breiten Fluss durchzogen werden.
Xining ist allerdings wieder eine sehr westlich angehauchte, moderne chinesische
Kleinstadt (hat wahrscheinlich nur einige wenige Millionen Einwohner).
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14.08.02, 19:30
Morgens vor dem Frühstück kümmern wir uns zunächst um die richtigen
Zimmerschlüssel (die haben beide nicht funktioniert). Wir bekommen aber
problemlos innerhalb von ein paar Minuten neue. Das Frühstück wird trotzdem sehr
hektisch, die Chinesen sind auf so viele Europäer und so viel Kaffee eben nicht
eingestellt. Außerdem ist das Hotel sehr weitläufig, unser Zimmer befindet sich
in einem anderen Gebäude was bedeutet, dass wir 5 Min. von unserem Zimmer zur
Lobby brauchen. Nach dem Frühstück geht's wieder mit dem Bus in Richtung Start.
Die Strecke ist 18km lang. Wir laufen auf einer Piste fast nur geradeaus. Die
Strecke steigt kontinuierlich an, der Höhenunterschied beträgt 380m. Außerdem
brennt die Sonne. Das und die
Tatsache,
dass ich heute Nacht nicht gut geschlafen habe, lassen meine Motivation zu
laufen gegen
Null gehen, ich habe keine Lust. Wir laufen durch viele Dörfer (ist fast alles
an einem Stück...), wo wir immer wieder von vielen Chinesen angefeuert werden.
Das erleichtert die ganze Anstrengung etwas. Trotzdem muss ich in der 2. Hälfte
der Strecke 2 Gehpausen einlegen. Ich bin froh, dass Schild 'noch 1km' zu sehen
und hoffe, dass es auch die Wahrheit sagt... (hat aber auch gestimmt). Die
Siegerehrung wird begleitet von Tanz- und Kung-Fu-Aufführungen, das ganze zieht
sich. Außerdem müssen wir mit dem Bus die ganze Laufstrecke zurückfahren. Das
ist hier eine staubige und auf Grund der Straßenverhältnisse zeitraubende
Angelegenheit. Wir kommen fast 2h zu spät zum Mittagessen. Dadurch verschiebt
sich auch der Besuch des Klosters Kumbum, eine der 6 größten Klosteranlagen
Chinas und das wichtigste lamaistische Zentrum außerhalb Tibets. Wahrscheinlich
wird der Besuch dadurch auch kürzer, er findet aber immerhin statt.
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15.08.02
Die erste Herausforderung des heutigen Tages: Unser Gebäude ist um 7:00 noch mit
einem Kettenschloss von innen verschlossen! Wir müssen erst 2 junge Männer,
welche offensichtlich als Portier für das Gebäude fungieren, aus ihren Betten
holen. Was passiert denn im Falle eines Feuers???
Die zweite Herausforderung: die Hotelleitung hat Probleme, das Frühstück für 200
Europäer bereitzustellen, es ist das reinste Chaos.
Der
Kurs heute ist sehr anstrengend, nach ca. 1.1 km flach geht
es 5.8 km bergauf (580 Höhenmeter), anschließend auf einer Strecke von 8km die
gleiche Höhe wieder bergab. Die anschließende Siegerehrung findet in einem
taoistischen Kloster, welches eine festliche Kulisse abgibt, statt.
Auf dem Flughafen treffen wir, während wir auf
unsere Abfertigung warten, auf 4 Mönche aus dem Kloster Drepung. Diese sind in
keinster Weise Kontaktscheu, sondern fragen uns sofort, wo wir denn herkommen
und wo wir hinwollen. Sie machen einen sehr weltmännischen Eindruck und sind mit
Handy und Videokamera ausgerüstet.
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16.08.02
Der Lauf auf der Mauer findet auf einem anderen Abschnitt als im letzten Jahr
statt. Heute gibt es einen 3 km Rundkurs, zunächst
treppauf,
später im wesentlichen treppab. Das Problem bei den Treppen ist, dass die Stufen
sehr unterschiedlich hoch sind. Teilweise ist der Kurs ordentlich steil. Ich bin besonders auf
den Treppab-Passagen sehr vorsichtig. Zwar habe ich mich gestern auf den 66.
Platz in der Gesamtwertung vorgearbeitet, werde dafür aber heute wieder etwas
einbüßen... Direkt nach dem Lauf und der Siegerehrung heißt es umziehen zum
Lunch und anschließend Besichtigung der verbotenen Stadt. Diese ist immer noch
so imposant wie im letzten Jahr, der Besuch hat sich gelohnt. Auf den
anschließenden Besuch des Seidenmarktes verzichten wir (davon waren wir im
letzten Jahr schon enttäuscht) zu Gunsten einer ausgiebigen Dusche und etwas
Ruhe vor dem Abendessen. Es gibt endlich die lange ersehnte Pekingente!
Alle sind müde und fertig, aber froh, es geschafft zu haben. Die Stimmung beim
Abendessen ist entsprechend ausgelassen, jede Nation trägt mit eigenen Liedern
zur allgemeinen Unterhaltung bei. Außerdem gibt es in den chinesischen
Nachrichten einen kurzen Bericht über den FDS.
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17.08.02
Die Siegerehrung findet in diesem Jahr in einem Theater statt, ein äußerst
würdiger Rahmen. Das Mittagessen findet im gleichen Theater statt, es gibt eine
Vorführung von Shaolin-Mönchen. Das lenkt zwar vom Essen ab, ist aber eine
wirklich tolle, artistische Vorführung. Anschließend statten wir vor dem Abflug
nach Schanghai dem Himmelstempel noch einen
Besuch ab.
In diesem Tempel, welcher sich in einer Parkanlage
mit einer Fläche von 2.8 km2 befindet, betete der chinesische Kaiser
für eine gute Ernte und weitere, für das chinesische Volk wichtige, Ereignisse. Die Anlage wurde zur gleichen Zeit wie die
verbotene Stadt errichtet (1420), die einzelnen Gebäude bestehen vollständig aus
Holz und zur Verbindung wurden weder Nägel noch Kleber verwendet. Dort sehen wir
auch zwei alte Chinesen, welche ihre Vögel in Käfigen ausführen.
Anschließend geht's zum Flughafen, wo es vor dem Abflug nach Shanghai noch Ärger
wegen Übergepäck gibt (es werden zunächst von jedem 80 Yuan eingesammelt, manche
zahlen aber nur widerwillig, da sie sich bemüht haben, unterhalb des Limits zu
bleiben).
Abends werden wir in der Hotelbar abgezockt: die wollen 38,- Yuan für ein Glas
Bier!!! Wir trinken eines und suchen uns dann eine Kneipe außerhalb, wo eine
Flasche Bier 12,- Yuan kostet.
Das ist leider das Ende dieser Laufreise, am nächsten morgen geht es per
Flugzeug von Shanghai über Paris wieder nach Frankfurt zurück
L
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